Freitags fällt die Schule aus

Die Jugend von heute ist egoistisch, sie denkt nur ans eigene Vergnügen. Was aus diesem Land wird, ist den Jugendlichen herzlich egal – das neue Handy ist wichtiger.

Solche oder ähnliche Sprüche hört man immer wieder mal von älteren Leuten oder gar Eltern der oben genannten Jugendlichen. Damit befinden sie (die Älteren) sich in guter Gesellschaft, klagte doch schon der griechische Philosoph Sokrates vor über zweitausend Jahren über die Ausschweifungen und die Respektlosigkeit der Jugend …

Seit Anfang des Jahres versammeln sich auch in Deutschland unter dem Motto „Fridays For Future“ zehntausende junge Menschen, um auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam zu machen und schnell greifende Massnahmen von den Regierenden zu fordern.

Angesichts dieser Entwicklung könnten  die Älteren nun eigentlich zufrieden sein mit diesen Jugendlichen, die Eltern sogar ein wenig stolz für ihre Kinder empfinden. Schön wär’s!  „Diese Rotzgören haben doch keine Ahnung, wie es im Leben zugeht“ müssen sich die jungen Demonstranten dann schon mal belehren lassen oder man empfiehlt ihnen, erst mal was zu leisten, bei der Arbeit würden ihnen die Flausen schon vergehen …

Und um das Ganze noch zu toppen, beklagt man medienwirksam, dass die Jugendlichen, da sie während der Unterrichtszeiten demonstrieren, die Schulpflicht verletzen! Das mag vom Sachverhalt völlig korrekt sein, ist aber an spiessbürgerlichem Verhalten kaum noch zu überbieten!

Tagtäglich bleiben in unserer Republik zigtausende  lernunwillige Jugendliche aus sogenannten sozialen Brennpunkten oder aus integrationsunwilligen Migrantenfamilien dem Unterricht fern. Im günstigsten Fall lungern diese Schulverweigerer  nur „auf der Strasse“ herum, im „worst case“ handeln sie mit Drogen, begehen Ladendiebstahl oder schlimmere Straftaten. Das nimmt der Durchschnitts-Spiessbürger mittlerweile mit einem resignierenden Schulterzucken hin. Wenn jedoch Jugendliche auf den ihnen zustehenden Unterricht verzichten, um die Erwachsenen darauf aufmerksam zu machen, dass sie die Erde von den nachfolgenden Generationen nur geborgt haben, gar an deren Gewissen appelieren, die nächste Reise nach Berlin mit der Bahn statt mit dem Flugzeug zu unternehmen, dann fühlt sich der deutsche Michel auf den Schlips getreten! Und da ihm insgeheim bewusst ist, dass die Jugendlichen  recht haben und er somit keine vernünftigen Gegenargumente hat, wird er halt unsachlich, um mit dem Vorwurf des Schuleschwänzens die Demonstranten in ihrer Glaubwürdigkeit zu disqualifizieren …

Natürlich könnten die Jugendlichen auch nach Schulschluss demonstrieren. Aber streiken Arbeitnehmer nach Feierabend, um ihre Forderungen durchzusetzen? Wohl kaum. Statt moralinsauer rumzumäkeln oder Paragraphen zu „reiten“, wie es z. B. das  Schul-Ministerium von NRW in einem Brief an alle Schulen tut, sollte das Ministerium die Teilnahme an den Demos als praktischen Unterricht im Fach Politik mit Themen wie „Meinungsfreiheit“, „Demonstrationsrecht“ oder „gelebte Demokratie“ deklarieren.

Ansonsten sollten wir „Erwachsenen“ uns schämen, dass uns Teens, die teilweise gerade dem Kindesalter entwachsen sind, klarmachen müssen: Es ist aller-aller-allerhöchste Zeit, dass wir anfangen, etwas zu tun, wenn dieser Planet auch für kommende Generationen noch bewohnbar und lebenswert sein soll. Wir haben nur diese eine Erde. Es gibt keinen „Planet B“!

Detlef