Er fährt, er fährt nicht, er fährt …

Für Ende Oktober hatte meine Frau einen Bildungsurlaub auf Sylt gebucht. Wie hin und zurück kommen? Westerland liegt ja nicht gerade um die Ecke – der Routenplaner im Netz weist über 700 km aus, einschliesslich der Fahrt mit dem Autozug über den Hindenburgdamm. Mehr als neun Stunden Reisezeit …

Mit dem Flieger ab Köln/Bonn? Ja, bis Hamburg. Dann wird es eng, denn die private Gesellschaft, die von dort nach Sylt fliegt, operiert nur in den Sommermonaten. Hin käme sie noch mit dem Flieger, aber nicht zurück. Also auch keine wirkliche Alternative – vom CO2-Ausstoss einmal abgesehen.

Also die umweltfreundliche Alternative Bahn? Auch hier: Hinfahrt problemlos. mit einem durchgehenden Zug. Schön. Für die Rückfahrt sollte es nach Möglichkeit auch ohne Umsteigen gehen. Tatsächlich gab es einen Zug, der prima ins „Beuteschema“ passte:

IC2215 am 30.10.2021
13:26 ab Westerland/Sylt
20:50 an Köln/Hbf.

Irritierend war das Warnsymbol am Ende, hinter dem sich folgender Text verbarg:
„Bauarbeiten … Der Zug fällt zwischen Westerland/Sylt und Hamburg-Altona aus.“

Ein Blick auf die Details zeigte folgende Bahnhöfe, die in Hamburg angefahren werden:
HH-Dammtor
HH Hbf.
HH-Harburg


Hamburg Altona war dort nicht aufgeführt. Um sicher zu gehen, schickte ich am 10.07.2021 eine Mail an das „Reiseportal“ der Deutsche Bahn AG:

(nicht relevanter Text)
„… oder ganz konkret gefragt:

Fährt der IC 2215 am 30. Oktober ab Westerland/Sylt über HH Hbf.
und weiter nach Köln?“

Es kam die obligatorische Mitteilung, dass man meine Mail erhalten habe und schnellstmöglich bearbeiten werde. Bis dahin möge ich doch bitte etwas Geduld haben.

Die hatte ich – bis zum 30. Juli (mal gerade eben drei Wochen nach meiner Anfrage …). Also rief ich die „Service“-Nr. der DB in Berlin an (030-2970). Dort teilte man mir mit, der besagte Zug würde fahren. Um für den „Fall der Fälle“ etwas Schriftliches in der Hand zu haben, bat ich um eine entsprechende E-Mail.

Dazu sah sich die „Service(!)-Stelle jedoch weder zuständig noch im Stande. Ich möge mich doch diesbezüglich an den Fahrkartenservice wenden – was ich dann auch leicht genervt tat. Und dann wieder: „Warten auf Godot“ – ach nee, auf Antwort von der Deutschen Bahn …

Die Antwort kam natürlich nicht, dafür stellte Andrea fest, dass der IC 2215 in der Fahrplanauskunft nicht mehr angezeigt wurde. Ein Anruf bei der „Service“-Hotline verschaffte Gewissheit: der IC 2215 war gestrichen. Auf die schriftliche Bestätigung verzichtete ich diesmal.

Und dann kam – oh Wunder! – am 19. August doch noch eine Mail vom „Reiseportal“, die aber leider nur noch einmal das Chaos, das bei der Deutsche Bahn AG anscheinend herrscht sowie die totale Inkompetenz zahlreicher der dort arbeitenden (?) Angestellten unter Beweis stellte. Nachstehend die relevanten Passagen. Wer findet den Fehler beim ersten Durchlesen?

Sehr geehrter Herr Kleiss,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Die Überprüfung Ihrer Reiseroute von Westerland/Sylt bis Köln Hbf für den 31. Oktober 2021 hat ergeben, dass Ihre Verbindung von keinen Bauarbeiten betroffen ist.

Somit ist Ihre geplante Reise wie geplant möglich.
(nicht relevanter Text bzw. meine erste Mail im Zitat)

>
> Guten Tag,
>
> für den IC 2215 am 30.10.2021
> 13:26 ab Westerland/Sylt
> 20:50 an Köln Hbf.
>
> zeigt bahn.de folgende Warnmeldung an:
(…)

Danke, liebe Bahn, dass ihr mir bestätigt, dass der Fahrt meiner Frau am 31. Oktober nichts im Weg steht – dumm nur, dass sie eigentlich am 30. fahren wollte! Noch dümmer und geradezu peinlich, dass weder am 30. noch am 31. Oktober ein IC 2215 Westerland um 13:26 verlässt und durchgehend bis Köln fährt.

Ich kommentiere das jetzt lieber nicht …

Detlef

PS: Übrigens, die Frage nach einer durchgehenden Rückfahrtmöglichkeit hat sich leider erledigt. Die Dozentin ist längerfristig erkrankt und der Kurs fällt deshalb aus.



Tschöö, Martin …

Seine Cartoons waren teilweise schwärzer als eine totale Sonnenfinsternis und abgrundtief makaber – nicht umsonst erschienen seine jeweils neuesten Werke auf seiner Homepage unter dem Titel „Abgründe“.

Wer aufgrund seiner Karikaturen einen Psychopathen wie Norman Bates aus Alfred Hitchcocks Film „Psycho“ oder zumindest einen schrulligen, abgehobenen Sonderling in ihm vermutete, der lag total daneben. Im Gegenteil: Er war „ne janz leeven Kerl“, wie der Rheinländer sagen würde.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich vor einigen Jahren per Mail bei ihm anfragte, ob er eine seiner Zeichnungen als Gewinn für eine Schul-Tombola zur Verfügung stellen würde (Fans zahlten damals schon für diese, noch unkolorierten Rohzeichnungen 50 Euro und mehr).

„Kein Problem“ meinte er, ich solle vorbeikommen, das Blatt abholen. Er wollte kein grosses Aufheben davon machen, mit Presse oder so. Er sandte mir auch zwei Vorschläge zu, die mit „Schule“ zu tun hatten. Da war einmal das „Waffenlädchen“ -zugegeben, eine mehr als makabere Auseinandersetzung mit den damaligen Massakern an Schulen in den USA und auch hier in Deutschland. Beim zweiten Vorschlag erklärt ein Lehrer, welchen Ursprung der Name des von Marie Curie entdeckten Poloniums hat.

Insbesondere vom letzten Vorschlag war der „Lehrkörper“ der Schule alles andere als begeistert – man würde sich ja selbst der Lächerlichkeit preisgeben. Das ginge natürlich gar nicht und ob der Künstler denn nicht etwas „Harmloseres“, vielleicht sogar mit Bezug zu der Schule zeichnen könne … Ich hatte meine Lektion gelernt: „Deutsche Lehrer und Humor – das passt nicht zusammen …“

Kurz: Aus der Karikatur als Tombolagewinn wurde nichts. Dafür entwickelte sich ein sporadischer Mailverkehr zwischen uns. Die nächste persönliche Begegnung war einige Jahre später bei einer Finissage in seiner Heimatstadt Wesseling.

In der letzten persönlichen Nachricht auf seiner Homepage schrieb er, dass er leider wieder auf der „Ausser-Gefecht-Station“ liegen würde … Am 31. Juli ist Martin Perscheid im Alter von nur 55 Jahren in seiner Heimatstadt dem Krebs erlegen.

Danke Martin, für die vielen humvorvollen, hintergründigen, satirischen, schwarzen, politisch inkorrekten und-ich-weiss-nicht -was-für Karikaturen. Sie werden uns fehlen. DU wirst uns fehlen …

Detlef

 

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