Happy Birthday, James!

Nein, gemeint ist nicht Butler James aus dem Sketch „Dinner for One“. Die Glückwünsche gelten dem Arzt James Parkinson, der heute vor 268 Jahren geboren wurde und 1817 die erste „Abhandlung über die Schüttellähmung“ schrieb – die später nach ihm benannte „Parkinson-Krankheit“.

Vor nunmehr fast sieben Jahren wurde auch bei mir Parkinson diagnostiziert. Und so nehme ich den jährlich am 11. April begangenen „Welt-Parkinson-Tag“ zum Anlass, eine persönliche Bilanz zu ziehen. Die nicht so guten Nachrichten vorneweg: Wodurch Parkinson ausgelöst wird, ist nach wie vor nicht bekannt und es gibt bis heute keine Heilungsmöglichkeit – man kann lediglich versuchen, den Fortschritt der Krankheit durch Medikamente zu verzögern. Das funktionierte – natürlich ganz subjektiv betrachtet – bei mir in den Jahren seit 2016 recht gut. Es gibt allerdings mittlerweile auch Tage, wo die von mir „Viele, viele bunte Smarties“ genannte Medikamenten-Zusammenstellung nicht (mehr) so gut wirkt, es also länger dauert, bis z. B. das morgendliche „Freezing“ verschwindet. Dabei stehe ich dann, will eigentlich weiter gehen, gebe ganz bewusst an meine Beine die Anweisung „Gehen!“ und die Beine antworten „Nö!“.

Klingt lustig, ist es aber nur bedingt, weil sowas auch zwischendurch mal passieren kann: In der Fussgängerzone, beim Aussteigen aus der Bahn oder gar beim Autofahren – ein Grund, warum ich seit Sommer 2016 nicht mehr hinter dem Steuer eines Autos gesessen habe – ich möchte weder mich selbst noch andere mehr als unbedingt notwendig gefährden. Einige Dinge – wie z. B. einen Marathon zu laufen – werde ich wohl nicht mehr realisieren können – „Time to let go! – Zeit, loszulassen“ wie es in einer Szene von „Top Gun: Maverick“ so schön heisst. Andere Sachen sind mir wichtig geworden, ein Lächeln meiner Enkeltochter beispielsweise. Da wünsche und hoffe ich, dass ich Marie noch einige Jahre auf ihrem Weg ins Leben begleiten darf. Und mit meiner Frau noch so manch schönen Urlaub verbringen  – wenn auch nicht mehr mit Streckenwanderungen von 30 km mit Gepäck – wir müssen uns da nichts mehr beweisen. Und ansonsten gilt nach wie vor:

„Ich zittere nicht vor Parkinson!“

Detlef

„Quarkbeine“

1979 hatte Nick Straker mit dem Sommerhit „A Walk in the Park“ seinen grössten Erfolg. Die Gruppe Nighttrain spielte im gleichen Jahr eine deutsche Version unter dem Titel „Ick renn durch’n Park“ ein. In dieser Parodie werden die Leiden eines Mannes geschildert, der auf Anraten seines Arztes mit dem Joggen anfängt:

„Frühmorgens im Park:
drei herrenlose Köter hinter mir her.
Das macht mich fit,
denn plötzlich bin ich schneller als vorher.“

„Verkoofe den Golf
und lauf mir nen Wolf …“

und natürlich:
„Ick renn durch’n Park,
hab Beene wie Quark …“

In den letzten Wochen hatte und habe ich auch immer wieder mal „Quarkbeine“: Jeder Schritt fällt schwer (als ob man durch Wasser watet), der Muskelkater beharkt mit Vergnügen Oberschenkel, Schienbeine und Waden, die Beine zittern und die Knie fühlen sich an, als ob sie aus Pudding wären … Und das alles ohne Joggen zu nachtschlafener Zeit oder wildgewordene Hunde, denen der Gusto nach meiner Laufhose steht.

Der regelmässige Leser ahnt es schon: „Parky“ lässt grüssen. Laut Auskunft meines Neurologen sind Schmerzen in den Beinen eine häufige Begleiterscheinung bei Parkinson. Was tun? Nicht mehr Laufen, Wandern, Rad fahren? Zum Glück nicht, sagt mein Doc, sondern weitermachen wie bisher, eventuell das Pensum sogar noch etwas steigern – dann sind die Chancen recht gut, dass die Schmerzen verschwinden und ich Quarkkeulchen geniessen kann, ohne selber Quarkbeine zu haben 😉

Detlef

Und hier das Video von Nighttrain:


Mutmacher

Hendricus „Henk“ Blanken ist Niederländer und lebt in der Nähe von Groningen. Das allein wäre kein Grund, in meinem Blog über ihn zu schreiben. Auch nicht, dass er als Journalist u. a. für die „Volkskrant“ gearbeitet hat und in seiner Heimat ein durchaus bekannter und beachteter Journalist ist. Nein, das Zauberwort ist ein anderes:

Mit 51 Jahren erhält Henk die Diagnose „Parkinson“.  Anstatt jedoch darüber zu jammern, dass die Krankheit ihm die weitere Arbeit in der hektischen und schnelllebigen Welt der Schlagzeilen zunehmend unmöglich machen wird, entdeckt er für sich die Kraft der Langsamkeit.  Einfach nur untätig im Garten rumsitzen, den Vögel nachschauen und die Wolken beobachten. Früher hätte er keinen Gedanken an so etwas verschwendet: „Keine Zeit!“. Jetzt bringen ihn die zunehmenden körperlichen Einschränkungen dazu, öfter inne zu halten. Und er beginnt, dies nicht als Fluch, sondern als Segen zu begreifen. „Parkinson gibt mir mehr, als es mir nimmt“ sagt Henk.

In seinem Buch „Pistoolvinger“ (deutsch „Da stirbst du nicht dran“, erschienen bei Patmos) beschreibt Henk sein Leben mit Parkinson, berichtet sowohl über rotweinlastige Diskussionen in einem ehemaligen Kloster aber  auch über seinen Freund Carel und dessen Operation für die Deep Brain Stimulation-Therapie. Hierbei werden dem Patienten Elektroden ins Gehirn eingesetzt, die anschliessend gezielt  „unter Strom“ gesetzt werden, um Fehlfunktionen der Nerven abzuschwächen oder gar ganz verschwinden zu lassen. Auch das unbequeme  –  in Deutschland immer noch weitgehend tabuisierte – Thema der Sterbehilfe klammert der Autor nicht aus. Über die Grenzen der legalen Sterbehilfe in den Niederlanden schrieb Henk im August letzten Jahres auch einen längeren Artikel für die britische Zeitung  „The Guardian“.

Ein Buch, das Betroffenen Mut machen will, die Diagnose „Parkinson“ zu akzeptieren, ohne daran zu verzweifeln! Denn das Glas ist immer noch halb voll (und nicht halb leer).

Eine überarbeitete Neuauflage ist  2018 in den Niederlanden unter dem Titel „Je gaat er niet dood aan“.  erschienen. Eine deutsche Ausgabe ist laut Auskunft des Patmos-Verlages derzeitt leider nicht geplant.

Detlef

Da stirbst du nicht dran
Patmos-Verlag
ISBN:  9783843608503 (Druckausgabe)
ISBN:  9783843608510 (eBook)

Buchrezension auf Bayern2 von 2017

Die Homepage von Henk (niederl./engl.): www.henkblanken.nl

 

 

Mit Tango gegen Parkinson

Im Januar diesen Jahres strahlte WDR 5 im Rahmen der Sendung „Quarks“ einen Beitrag über „Leben mit Parkinson“ aus. Aufhänger war der speziell auf Parkinson-Patienten zugeschnittene „Tango Workshop“ des Argentiniers Augusto Gonzales.

Das Medikament „Levodopa“ zur Behandlung von Parkinson wurde ebenso vorgestellt, wie die „Tiefe Hirn-Stimulation / Deep Brain Stimulation (DBS)“, bei der Elektroden ins Gehirn eingebracht werden. Klingt ein wenig nach Frankenstein, hat aber schon zahllosen Erkrankten geholfen, bei denen Levodopa nicht mehr wirkt..

Wichtig ist, dass man „dran bleibt, trainiert, Sport macht“, meint eine Patientin  in der Sendung. Also nicht resignieren und sich aufgeben, sondern aktiv daran arbeiten, dass die Krankheit möglichst langsam voran schreitet – denn heilen kann man Parkinson leider noch nicht.

Der Beitrag ist bis auf weiteres in der Mediathek des WDR abrufbar:
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/quarks/hintergrund/audio-leben-mit-parkinson-100.html

Detlef

 

 

 

 

Mutmacherin

Wenn Leute erfahren, dass ich Parkinson habe, bekomme ich oft ein erschrocken-mitleidiges „Oh je! Das tut mir aber leid!“ zu hören, gerne verbunden mit der Bemerkung  „Mein Onkel / Meine Tante / Mein(e) … hatte das auch …“ oder aber „Jaja, der Muhammad Ali ist ja auch daran gestorben. Schrecklich!

Ja, wirklich schrecklich – diese Art des Mitleids! Das brauche ich ungefähr genau so sehr wie Zahnschmerzen! Da lobe ich mir die Schauspielerin Ursula Staack. In einem Interview, das sie kürzlich der „SUPERIllu“ gab,  erzählte sie, dass sie seit zwei Jahren weiss, dass sie an dieser Krankheit leidet. Kämpferisch fügte sie hinzu „Parkinson haut mich nicht um!“. Sie  nimmt es mit Humor, wenn ihr in der Konditorei mal eine Tasse aus der Hand fällt und meint schelmisch, mit 75 Jahren dürfe sie sich doch mal Parkinson gönnen.

Solche Menschen machen mir Mut, den Weg mit dieser – bislang unheilbaren – Krankheit optimistisch weiter zu gehen, frei nach dem Motto „Zittere nicht vor Parkinson!“ Danke dafür, Frau Staack! Übrigens: Muhammad Ali ist nicht an Parkinson gestorben.

Detlef

Das ganze Interview auf www.superillu.de
Hier geht’s zur Homepage von Urssula Staack

William Vance – und wieder einer …

Anscheinend werde ich zunehmend sensibler, wenn es um das Thema „Parkinson“ geht. Zwar hatte ich schon vor ein paar Tagen gehört, dass William van Cutsem im Alter von 82 Jahren gestorben ist, der unter seinem Pseudonym William Vance diverse Comic-Serien zeichnete, von denen Bob Morane und vor allem Bruno Brazil auch in Deutschland einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten – nicht zuletzt durch die Veröffentlichungen in „ZACK“ in den 70er und 80er Jahren. Dass er sich 2010 zurückzog, nachdem bei ihm Parkinson diagnostiziert wurde, erfuhr ich heute Morgen aus einem Nachruf in der Sendung „BRF Aktuell“ vom 15.05.2018 des Belgischen Rundfunks BRF 1 (ab 17:37).

Detlef

Willkommen im „Club“, Markus …

Eigentlich wollte ich nicht schon wieder etwas darüber schreiben – aber dann erfuhr ich letztes Wochenende, dass Markus Maria Profitlich ebenfalls an Parkinson erkrankt ist (hier geht es zum ausführlichen Interview im Kölner Stadt-Anzeiger).

Spontan fiel mir dazu „Willkommen im Club!“ ein. Und das ist jetzt keineswegs sarkastisch oder böse gemeint! Ich finde es sehr gut, dass „MMP“ offen mit der Krankheit umgehen, mögliches Zittern nicht verstecken will. Durch seine Bekanntheit wird Parkinson womöglich auch bei Mitmenschen zum Gesprächsthema werden, die ansonsten daran Erkrankte vorschnell als „behindert“ abstempeln oder gar meinen, Parkinson wäre die Folge von Alkohol- oder (sonstigem) Drogenmissbrauch …

Und natürlich wünsche ich Markus, dass er noch lange in der Lage ist, auf der Bühne zu stehen und zum und sein Publikum zum Lachen zu bringen. Und auch ihm selber möge das Lachen nie vergehen, getreu dem Spruch „Zittere nicht vor Parkinson!“

Detlef

 

Herr Parkinson und ich

Gestern – am 11. April – war „Welt-Parkinson-Tag“. Eine gute Gelegenheit, die vergangenen fast zwei Jahre Revue passieren zu lassen: Was hat sich, wie habe ich mich verändert, seit im Juni 2016 bei mir Parkinson diagnostiziert wurde?

Die für mich erste gravierende Änderung war die Tatsache, dass ich beim Roten Kreuz nicht mehr zur Blutspende zugelassen bin (s. „Muhammad Ali und ich“). Grund sind die Medikamente, die ich nehmen muss und die liessen sich wohl nur mit sehr viel Aufwand aus dem Blut „waschen“. Schade, aber nicht zu ändern …

Während ich bei der Frage der Blutspende also sozusagen fremdbestimmt wurde, war es meine freie Entscheidung, mich erst einmal nicht mehr ans Steuer unserer „Datsche“ zu setzen. Grund waren auch hier die Medikamente. Ich habe immer schon sehr wenig geschlafen (und auch recht wenig Schlaf gebraucht), doch die Medikamente, die ich nehmen muss, „putschen“ mich durchaus auf, so dass ich mich manchmal Nachts stundenlang im Bett herum wälze, ohne einzuschlafen. Irgendwann im Laufe des Tages bricht sich dann allerdings doch die Müdigkeit Bahn – in Form des berühmt-berüchtigten „Sekundenschlafs“. Nun kann ich gut damit leben, Zuhause auf dem Sofa oder eben auf der Arbeit vor dem PC kurz „weg zu sacken“ – und praktisch direkt wieder hoch zu schrecken. Im Strassenverkehr möchte ich DAS lieber nicht erleben – gemäss dem etwas makaberen Witz:

„Wenn ich einmal sterben muss, dann bitte friedlich schlummernd wie mein Opa – und nicht schreiend und heulend wie seine Mitfahrer …“

Etwas unangenehm sind unbewusste, spontane Zuckungen, wenn ich z. B. ganz entspannt im Bett liege und mit meiner Frau kuschele … Apropos „Bett“. Eine weitere Nebenwirkung von Parkinson ist eine stark gesteigerte Libido. Das findet Mann im ersten Moment vielleicht sogar schön, auf Dauer kann das für die Partnerschaft jedoch durchaus belastend sein.

Im Grossen und Ganzen fühle ich mich mit den Medikamenten aktuell gut „eingestellt“.  Meine Bewegungsfreiheit ist – subjektiv – so gut wie nicht eingeschränkt. Zwar bin ich morgens manchmal etwas „zerknautscht“ (s. o. Schlaflosigkeit) und habe das Gefühl, bei jeder Bewegung gegen einen Widerstand ankämpfen zu müssen – so, als wenn man sich aufrecht gehend durch ein Schwimmbecken bewegen würde und dass Wasser weg drücken muss. Dieses Gefühl hatte ich allerdings auch schon lange, bevor Parkinson bei mir festgestellt wurde. Gibt es so etwas wie „latenten Parkinson“?

Laut Aussage meines Neurologen bin ich mit den derzeitigen Medikamenten am untersten Ende der Skala dessen, was möglich ist. Die Chancen stehen also gut, die Krankheit noch lange unter Kontrolle zu halten 🙂

Detlef

Muhammad Ali und ich

Heute vor einem Jahr starb Muhammad Ali, der in den 1960er und 70er Jahren – zum Teil noch unter dem Namen Cassius Clay – mehrfach Weltmeister im Boxen wurde.

Die Nachricht von seinem Tod hat mich ziemlich getroffen. Warum? Weder interessiert mich der Boxsport noch mochte ich die grossmäulige Art, die Cassius Clay (wie Muhammad vor seiner Hinwendung zum Islam hiess) früher an den Tag legte.

Der Grund für meine Betroffenheit war die Krankheit, die bei Ali 1984 festgestellt wurde: Parkinson. Anfang Juni letzten Jahres bestand auch bei mir der Verdacht auf diese Krankheit und es war für mich beruhigend zu erfahren, dass Ali nicht an Parkinson gestorben ist …

Zwischenzeitlich hat ein DAT-Scan ergeben, dass ich tatsächlich Parkinson habe. Sicher keine Nachricht, die einen jubeln lässt – doch gibt es genug Diagnosen, die erheblich schlimmer wären. Henk Blanken, ein niederländischer Journalist, hat das im Titel seines Buches über sein Leben mit Parkinson sehr schön auf den Punkt gebracht: „Da stirbst du nicht dran“.

Da die Diagnose bei mir sehr früh festgestellt wurde, bestehen laut Aussage meines Neurologen gute Aussichten, die Krankheit unter Kontrolle zu halten. Der bislang grösste Einschnitt in meinem Leben, besteht darin, dass ich aufgrund der Medikamente, die ich einnehmen muss, nicht mehr zur Blutspende gehen darf – ich tröste mich damit, dass das DRK in den vergangenen über 25 Jahren  genug „roten Saft“ von mir bekommen hat.

Wie meine „Reise“ mit „Parki“ weitergehen wird, kann natürlich niemand sagen. Sicher werde ich von Zeit zu Zeit an dieser Stelle berichten, wenn es Neuigkeiten gibt. Ansonsten gilt der Spruch einer Selbsthilfegruppe: „Zittere nicht vor Parkinson!“ 🙂

Detlef

Erratum:
Im ursprünglichen Text hatte ich geschrieben, dass Henk Blanken Däne sei. Tatsächlich ist er aber Niederländer.